Nachdem bereits im letzten Jahr bekannt wurde, dass der britische Prozessor-Designer ARM (ehemals Advanced RISC Machines Ltd.) für satte 24 Milliarden britische Pfund, also etwa 28 Milliarden Euro, verkauft wird, galt es, viele Fragezeichen zu klären. Viele haben im Kontext der Übernahme zum ersten Mal von ARM gehört und sich gewundert, warum diese vermeintlich unbekannte britische Firma für eine solch astronomische Summe von einer gleichermaßen unbekannten japanischen Firma, Softbank, übernommen wurde.
Der ausschlaggebende Grund ist die unglaubliche Marktdurchdringung, die ARM erreicht hat. Derzeit produziert ARM Chips für die große Mehrheit der verkauften Smartphones – inklusive dem iPhone. Aber hat diese Übernahme Auswirkungen auf Apple und die kommenden Generationen des A-Prozessors, der iPhone und iPad antreibt?
Übernahmen in Serie
Softbank ist kein Unbekannter, wenn es um große Übernahmen geht. Bereits 2013 kaufte man sich für rund 20 Milliarden US-Dollar die Aktienmehrheit am US-Telekommunikationsriesen Sprint. Außerdem übernimmt Softbank den operativen Part des japanischen Mobilfunknetzes von Vodafone. Auch der französische Roboter-Hersteller Aldebaran gehört inzwischen zum Portfolio der Japaner. Für ARM selbst scheint die Übernahme viel Positives mitzubringen: Softbank will die Anzahl der Mitarbeiter im Vereinigten Königreich im Laufe der nächsten fünf Jahre verdoppeln. Softbank-CEO Masayoshi Son meint das ernst genug, um diese Ansage Teil des Übernahmevertrags werden zu lassen, auf den sich das britische Pendant zum Kartellamt wird berufen können, sollte er nicht eingehalten werden.
Das Internet der Dinge
Ein weiterer wichtiger Grund für die Übernahme wird das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT). Ein Netzwerk also, in dem Haushaltsgeräte, Gadgets und Smart-Home-Anwendungen verbunden sind und Informationen austauschen können. Zum Beispiel, damit Sie mit Ihrem iPhone die Beleuchtung in Ihrem Haus steuern können.
Softbank setzt auf eine Zukunft, in der praktisch alle Geräte miteinander vernetzt sein und natürlich von ARM-Prozessoren angetrieben werden. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. Immerhin haben setzen schon jetzt fast alle Tech-Giganten an irgendeiner Stelle auf ARM-Prozessoren, die vor allem wegen ihres geringen Energiebedarfs hoch im Kurs stehen.
Doch nicht alle sind da so optimistisch wie Softbank. Marc Einstein, Business Consultant bei Frost & Sullivan, beispielsweise hält die Übernahme für eine riskante Wette. Softbank glaube, dass künstliche Intelligenz eine große Rolle in den kommenden Jahren spielen wird. Und genau in diesem Bereich wolle man sich die Pole Position sichern, wenn diese Zukunft zur Gegenwart wird, so Einstein. Son, der Softbank-CEO, geht sogar so weit und nennt die IoT-Zukunft „den größten Paradigmen-Wechsel der Menschheitsgeschichte“.
Und damit ist er nicht alleine. Gerade unter den Apple-Fans wird der Ruf seit Jahren immer lauter, der i-Konzern möge sich doch bitte „endlich“ dem Thema IoT annehmen – und zwar mit mehr als nur einer Smart-Home-App, nämlich mit eigenen Geräten und einer IoT-Schaltzentrale für das eigene Heim.
Für Apple könnte das tatsächlich ein sinnvoller nächster Schritt sein. Denn die Verkaufszahlen, selbst die des iPhones, beginnen zu schwächeln. Nicht dramatisch, aber sicherlich doch genug, dass Apple bereits auf der Suche nach dem „next big thing“ sein wird. Letztlich trifft der Abschwung im Smartphone-Markt ARM genau so, wie er auch Apple (und alle anderen Smartphone-Hersteller) trifft. Man sitzt gewissermaßen im selben sprichwörtlichen Boot. Ein quasi gemeinsamer Einstieg in die Welt des IoT könnte eine Lösung sein.
Wohin führt Apples Weg?
Nicht wenige sehen in der ARM-Übernahme durch Softbank eine verpasste Chance für Apple. Im Angesicht der nach wie vor irren Umsätze und Gewinne Apples, wären verhältnismäßig läppische 28 Milliarden Euro locker drin gewesen. Aber das ist kein Grund zu verzagen. Tim Cook ist ein kluger Mann und wird weder von ARM weg zu einem anderen Chip-Hersteller wechseln, noch seine Augen vor den IoT-Ambitionen von Softbank und ARM verschließen. Außerdem ist davon auszugehen, dass es langfristige Verträge zwischen Apple und ARM gibt.
Für eine weiterhin gute Zusammenarbeit spricht auch Sons Verhältnis zu Apple. 2005, also zwei Jahre vor der Präsentation des ersten iPhone, schlug er Steve Jobs ein Smartphone-Konzept vor. Und nachdem das iPhone erschienen war, war es Son, der sich die exklusiven Vertriebsrechte für Japan sicherte. Diese Art der „Freundschaft“ könnte von Vorteil für Apple sein wenn es um den Zugang zu neuen Technologien von ARM geht. Um das iPhone brauchen wir uns jedenfalls nicht zu sorgen. ARM arbeitet zusammen mit der Nanoelektronik-Forschungsgruppe IMEC an einem neuen 7-Nanometer-Chip-Design mit mehr Power und mehr Effizienz – und das iPhone wird davon profitieren. Veränderungen sind eher in Apples Produktportfolio zu erwarten. Wenn es nach Softbank, ARM und uns geht, werden IoT-Produkte über die bislang von Apple angebotene Kommunikationsinfrastruktur HomeKit hinausgehend bald dazu gehören.
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ARM produziert keine Chips für Apple, Apple nutz auch keine ARM Chips, sondern entwickelt eigene Chips auf ARM Basis
Dafür hat Apple ein Lizenzabkommen abgeschlossen, welches eine längere Laufzeit hat
Insofern ist Apple von dem Kauf kaum betroffen
ARM entwickelt Chips bzw. deren Architektur aber produziert meines Wissens nicht selbst.