Obwohl ich sehr gerne Bücher lese, bin ich kein großer Freund von Biografien. Selten interessieren mich fremde Personen so sehr, dass ich mich über deren komplettes Leben informieren möchte. Was habe ich davon, zu erfahren, wie sich Person x im Kindergarten verhalten hat? Für mich fangen Biografien meist erst nach der Hälfte des Buches an, wirklich interessant zu werden.
Bei der Steve-Jobs-Biografie von Walter Isaacson habe ich eine Ausnahme gemacht und habe viel über Jobs erfahren. Das hat mir aber auch gereicht. Im Wochentakt erscheinen ständig neue Artikel, die so viele Jahre nach Jobs Tod meinen, einzigartige Erkenntnisse zu ihm herausgefunden zu haben. Dabei wissen wir doch inzwischen eigentlich (fast) alles, was es über Steve Jobs zu wissen gibt.
Einer der Punkte, die immer wieder in den Medien breit getreten werden, ist Jobs‘ spezieller Charakter. Viele haben Jobs zu seinen Lebzeiten und nach seinem Tod als Egoisten bezeichnet, der seine Mitarbeiter mitunter respektlos behandelt hat. Die neueste Biografie über Jobs, „Becoming Steve Jobs“, wird von Jony Ive und Eddy Cue als die Biografie angepriesen, die den Apple-Gründer endlich so darstellt, wie er wirklich war. Dabei sorgt sich die Biografie in weiten Teilen leider eher darum, Jobs Verhalten zu entschuldigen oder herunterzuspielen, wie „schlimm“ er sich verhalten hat. Stattdessen sollte man sich damit abfinden, dass Jobs war, wie er war. Und dass es auch seinem Charakter zum großen Teil zu verdanken ist, dass Apple zu der erfolgreichen Firma geworden ist, die sie heute ist. Ja, natürlich hat Tim Cook auch einen großen Anteil daran, das gebe ich zu. Aber ich hoffe nur, dass dazu nicht auch gefühlt hunderttausend Biografien und dreihundert Filme erscheinen.
Esther Acason, Redaktion Mac Life
Besonders für Apple-Fans war Steve Jobs ein Held, eine Ikone, der beinahe gottesgleich verehrt wurde. Keine Frage. Aber irgendwann ist es doch auch mal gut mit dem ständigen Wiederauflebenlassen in Form von gedruckten oder verfilmten Biografien. Schon zu Lebzeiten wurde die Person Jobs und sein Führungsstil in vielen Werken verewigt. Seit seinem Tod ist mit „Becoming Steve Jobs“ 2015 das dritte wirklich aufsehenerregende biografische Buch über den Apple-Gründer erschienen. Das erste war die Biografie von Walter Isaacson, an der Steve Jobs zu Lebzeiten noch mitgearbeitet hat. Leider ist gerade dieses Buch nicht wirklich empfehlenswert und Apple-Fans können froh sein, dass mit „Becoming Steve Jobs“ noch ein Werk nachfolgte, das Jobs deutlich gerecheter wurde. Aber dennoch: Die Flut von Büchern („Steve Jobs‘ Visionen“, „Steve Jobs: Think different“, „Steve Jobs – iLeadership“), Dokumentationen („iGenius“, „Steve Jobs – Hippie und Milliardär“) und Spielfilmen („jOBS“ und ein weiteres, sich noch in Arbeit befindliches filmisches Werk) nimmt komische bis lächerliche Züge an. Denn es ist ja nicht so, als gäbe es etwas Neues zu erzählen.
Das Leben und Wirken von Steve Jobs wurde inzwischen von allen möglichen Seiten beleuchtet. Die erzählten Anekdoten wiederholen sich ebenfalls. Inzwischen wurde außerdem so ziemlich jede Person auf der Welt, die auch nur einmal im selben Raum wie Steve Jobs stand, zu ihrer Meinung zu und ihrem Eindruck von Jobs befragt. Mittlerweile wurde nicht nur alles gesagt, es wurde auch alles von jedem gesagt. Apple-Fans und Technikinteressierte werden Jobs ohnehin nie vergessen. Ständiges Erinnern bringt aber nicht voran. Und das wäre so ziemlich das letzte, was Jobs gewollt hätte.
Sebastian Schack, Leitender Redakteur Mac Life
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