Das Medienecho ist bislang entsprechend groß und die Kritiker loben wohlwollend das neue Porträt der Tech-Legende: Von Entmystifizierung ist die Rede oder auch von einem Angriff auf die „Heiligengeschichte“ des Steve Jobs. Der Film konfrontiert den Zuschauer unter anderem mit einigen verwerflichen Verhaltensweisen und Eigenschaften des Apple-Gründers, die dieser sowohl in seinem privaten als auch beruflichen Leben an den Tag legte: Man soll einmal mehr erfahren, dass Jobs zunächst die Vaterschaft seiner unehelichen Tochter nicht anerkannte, dass er Mitarbeiter und Mitmenschen boshaft erniedrigen konnte und generell nicht allzu umgänglich war.
Das alles glaube ich sofort – man wusste es ja auch schon. Auch glaube ich unbesehen, dass „Man in the Machine“ dennoch eine, wenn nicht DIE genaueste filmische Annäherung an die Person Steve Jobs bislang ist, schließlich hat Regiesseur Gibney sich bereits einen Namen gemacht und zeichnete in der Vergangenheit verantwortlich für wichtige Dokumentarfilme wie etwa „Taxi to the Dark Side“, in dem er sich mit der Befürwortung von Folterpraktiken durch die US-Regierung auseinandersetzt, oder „Going Clear: Scientology, Hollywood and the Prison of Belief“. Aber habe ich deshalb nun ein ganz besonderes Interesse an der neuen Steve-Jobs-Dokumentation oder gar „Angst“ vor ihr, da so genannten „Apple-Fan-Boys“ der Film mit seiner negativen Darstellung der Apple-Ikone angeblich kaum gefallen wird?
Eher nicht. Denn entgegen der landläufigen Meinung muss man als – bei allen Höhen und Tiefen – überzeugter Apple-Anwender mit großer Affinität zu den technologischen Produkten aus Cupertino nicht gleichzeitig auch glühender Steve-Jobs-Verehrer sein oder zumindest ein ausgeprägtes Interesse an seiner (Privat-)Person haben. Er war also alles in allem kein besonders liebenswerter Mensch? Kann schon sein, hat am Ende aber wenig Auswirkungen darauf, wie ich zu Apple-Produkten stehe. Wenn der Film den bisherigen Kritiken gerecht wird, ist das Interesse von „Man in the machine“ keine platte Demontage der Tech-Legende Steve Jobs, sondern eine Analyse seines vielschichtigen Charakters, die fragt, warum auch Menschen aus seinem direkten Umfeld, die Jobs’ negative Seiten in aller Schärfe zu spüren bekommen haben, ihn noch heute kultisch verehren.
Wenn Kritiker den Film dann allerdings für die Feststellung loben: Steve Jobs war weder ausschließlich geniales Genie noch boshafter Egomane ohne menschliche Eigenschaften, er war eine komplexe Person! – dann kommt man schon nicht umhin, ironisch fragen zu wollen: Ach? Tatsächlich? Das hätte ich jetzt nicht gedacht, sind Menschen in der Regel doch ganz und gar umkomplex und gänzlich einfach zu kategorisieren.
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