Das Duell ist schon deshalb lesenswert, weil es einen Kontrast zu den oft wenig kritischen Interviews mit Steve Jobs bildet - wobei David Pogue & Co. wissen, dass sie bei allzu frechen Fragen garantiert kein weiteres Interview mit Jobs führen werden.
Anlass für die erste E-Mail an Jobs war ein iPad-Video, in dem das iPad als „Revolution” bezeichnet wurde. Tate erinnerte Jobs daran, dass es bei Revolutionen um Freiheit geht und wie Bob Dylan, wäre er 20, wohl über Apple denken würde (Steve Jobs ist Bob-Dylan-Fan).
In seiner Antwort definierte Jobs Freiheit als Freiheit von Programmen, die private Daten stehlen, die Batterie leer saugen und Pornos. „The Times they are a changin’”, so Jobs und die iPad- und die PC-Welt unterscheiden sich eben.
Daraufhin hat Tate Jobs geschrieben, dass der Akku seines MacBook Pros durchaus Flash aushält und er lieber eine interaktive Wired-App, als ein PDF in groß sehen möchte. Schwache Inhalte in einer Apple-genehmen Hülle würden einer interaktiven App vorgezogen, nur weil letztere von Flash kompiliert sei. Steve Jobs weist darauf hin, dass Wired eine native Cocoa-Anwendung entwickelt (genau genommen entwickelt Adobe die App, nur eben nicht in Flash).
Da kommt der Einwand von Tate, denn natürlich haben Wired und Adobe nicht zum Spaß das Entwicklungswerkzeug gewechselt, sondern weil sie befürchten müssen, ausschließlich auf der Basis des gewählten Entwicklungswerkzeug und nicht etwa aufgrund der Qualität oder Inhalte abgelehnt zu werden.
Die Antwort von Jobs: Niemand zwinge sie dazu, für das iPad zu entwickeln, sie würden das tun, weil sie es selbst möchten. Bei 200000 Apps im App Store müsse Apple etwas richtig gemacht haben. Am Ende würden die Apps davon profitieren, nativ geschrieben worden zu sein.
Der Briefwechsel geht noch etwas weiter und auf Gawker.com hat Tate einige Anmerkungen zu dem E-Mail-Duell.
Kommentar
Vermutlich hat keine Pornoproduktionsfirma je damit gerechnet, im App Store Porno-Apps verkaufen zu können. Jobs sollte sich aber keine Illusionen machen: Dieser Industriezweig ist flexibler als alle Kamasutra-Stellungen zusammen und hat sich schneller an das iPhone angepasst, als man „Rollkragenpullover” sagen kann. Vermutlich gibt es schon längst einen Porno, in dem ein muskelbepackter Mann mit iPad-3G-Bart bei einer Frau klingelt, um ihre App zu testen. Andererseits sitzen Apple konservative Elternverbände im Nacken, die in den USA gerne einen Skandal anzetteln, wenn sie angeblich anstößiges Material im App Store finden: „Saxophone” klingt zum Beispiel fast wie „Sex o’ Phone”.
Mit Flash kompilierte iPhone/iPad-Apps sind native Cocoa-Apps, dort läuft kein Flash Player im Hintergrund. Jobs wäre vermutlich erstaunt, wieviele hochwertige Apps eben nicht in C/C++/Objective-C geschrieben wurden. Aber die Anzahl der Apps im App Store ist mittlerweile zum Totschlagargument geworden. Wer mit mobilen Apps Geld verdienen möchte, kommt am App Store nicht vorbei - das weiß auch Apple, denn wenn man sich der eigenen Marktmacht nicht sicher ist, verschärft man auch nicht die Regeln für Entwickler. Zu dieser Macht ist Apple aber nicht durch Behinderung der Konkurrenz gekommen: Cupertino lässt sich schlecht ein Vorwurf machen, wenn Konkurrenten entweder zu langsam auf das iPhone reagiert haben, oder ihre Kunden nicht dazu animieren können, für Apps Geld auszugeben.
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